Wir alle kennen den Zauberschüler Harry Potter, seine Freunde Ron und Hermine und die Zauberschule Hogwarts. Wir kennen die Bücher, die Filme, vielleicht auch mehr. Es gehört mittlerweile zur Popkultur. Selbst wenn man die Inhalte nicht kennt, ein paar Namen brennen sich auch in das Gedächtnis, ohne dass man Buch, Film oder Games konsumiert hat.
„Er wird berühmt werden – eine Legende -, es würde mich nicht wundern, wenn der heutige Tag in Zukunft Harry-Potter-Tag heißt – ganze Bücher wird man über Harry schreiben – jedes Kind in unserer Welt wird seinen Namen kennen!“
– McGonagall zu Dumbledore
Joanne K. Rowling: Harry Potter und der Stein der Weisen, aus dem Englischen von Klaus Fritz, Hamburg, Carlsen Verlag, 1998, S. 19.
So viele Blogger_innen und Leser_innen haben sich bereits diesem Thema zugewandt, warum sollte ich mich dort einreihen? Es ist unnötig. Ich habe nichts Neues zu sagen, was nicht schon irgendwo in den sozialen Netzwerken, auf Blogs, auf Fanfiction-Websites oder anderen Medien durch die Welt geistert.
Aber wie bei vielen anderen ist Harry Potter wesentlich mit meinen Anfängen als Autorin verknüpft – und zementiert vielleicht sogar meinen Ruf als Leseratte. Ich habe diese Bücher unzählige Male gelesen, immer und immer wieder, auf Deutsch und auf Englisch. Ich habe die ersten Filme so häufig geschaut, dass ich die Dialoge mitsprechen kann. Und auch, wenn ich manchen Inhalten mittlerweile kritisch gegenüberstehe, ich wäre nicht ich, hätte ich nicht diese Filme gesehen und diese Bücher gelesen.
Mein Leben sähe heute ganz anders aus. Und ein wenig von dieser Harry Potter Obsession möchte ich heute als erste Rezension auf diesem Blog mit dir teilen.
Harry Potter und ich
Manch eine Person mag annehmen, dass ich zu den glücklichen Menschen zähle, die das erste Buch vor dem ersten Film besaß, und wenn ihr das denkt – habt ihr halb recht. Zur Kommunion erhielt ich mein erstes Harry Potter-Buch – und am nächsten Tag hatte ich Geburtstag, Gäste kamen vorbei und mein Exemplar ist nie wieder gesehen worden. Ich weiß nicht, ob ich es verliehen habe oder was damit geschehen ist. Es steht auf meiner Geschenke-Liste. Ich habe es nicht mehr.
Daher gehöre ich gleichzeitig zu den Menschen, die den ersten Film gesehen haben, bevor sie das erste Buch tatsächlich gelesen haben. Mein Harry Potter-Fieber brach nach dem zweiten Film so richtig aus. Ich habe alle Bände in der Schulbibliothek, die verfügbar waren, mehrfach ausgeliehen. Ich habe fast jeden Band mittlerweile über zwanzig Mal gelesen (außer den fünften Band, den mag ich nicht so sehr). Meine Harry Potter-Obsession nahm ihren Lauf.
Und ich konsumiere auch Sekundärliteratur über Harry Potter. Gerne. Mit Vorliebe. Braucht ihr Tipps? Ein, zwei Bücher kann ich auf jeden Fall empfehlen. Ich besuche auch gerne Orte, Ausstellungen und sammle alles Mögliche. Mein Schrein wächst. Einen kleinen Einblick erhaltet ihr durch die Fotos – und warum ich Harry Potter auch noch nach fast zwanzig Jahren mag, berichte ich euch in der Rezension.
Liebe Leser_in!
Kein Buch kommt ohne Triggerwarnung aus – auch oder vielleicht gerade Harry Potter nicht. Ich bemühe mich, in der folgenden Rezension keine potentiell triggernden Inhalte darzustellen, aber natürlich kann man keine Geschichte rezensieren, ohne gewisse Inhalte anzuschneiden. Falls du von einem der im zweiten Tab genannten Inhalte getriggert wirst, rate ich dir, die Buchreihe nicht zu lesen. Ich habe mich bemüht, möglichst alle möglichen Trigger zu berücksichtigen. Sollten dir weitere Trigger bekannt sein, wäre ich dir über einen Hinweis sehr dankbar!
Du benötigst keine Triggerwarnung? Kein Problem. Lies einfach weiter, ohne dir die Liste mit potentiellen Triggern anzuschauen.
Tod, Verlust der Eltern, Mobbing, Gewalt an Kindern, z.T. explizite Gewaltdarstellungen, verbale Gewalt, Mord, Folter, Spinnen (Band 2), Alkohol, Autounfall (erwähnt), Besessenheit, Blut, Body Horror, Feuer, Geister, physische und psychische Misshandlungen, Krieg, Faschismus / Rassismus (codiert), Sklaverei, Verletzungen / Tod von Tieren, Verstümmelungen.
Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dir fällt noch ein möglicher Trigger ein? Sag mir gern Bescheid, damit ich ihn ergänzen kann.
Die Rezension - Buch 1 bis 7
Möchte ich mein Leseerlebnis reflektieren, wird das durch mehrere Faktoren erschwert. Zunächst einmal lese und bewerte ich Harry Potter heute (mit achtundzwanzig Jahren) anders als damals (mit elf bzw. zwölf Jahren). Ich habe die Bücher so häufig gelesen, dass ich jedes Mal andere Schwerpunkte gesetzt habe. Daher entspricht meine heutige Sicht auch und vor allem meinen Erfahrungen und Erwartungen an Bücher, die sich in den letzten fünfzehn Jahren entwickelt haben.
Da ich zukünftige Rezensionen zumeist auf ein Buch beziehen werde und diese dreigeteilt sind, möchte ich auch bei dieser Rezension der Harry Potter Reihe eine Dreiteilung vornehmen – und drei Aspekte hervorheben, die diese Reihe für mich besonders machen.
1. Der Plot
Harry Potter ist komplex und allumfassend und brillant geplottet. Die Handlungsstränge sind nicht nur in einem Band eng verwoben, sie ziehen sich durch die gesamte Heptalogie und spiegeln subtil und doch direkt die Themen der Bücher wieder: Tod und Liebe. Sie werden in neuen Facetten und mit zunehmender Tiefgründigkeit über alle Bände hinweg weitergeführt. Das hebt sie für mich über viele Bücher hinweg, macht sie einzigartig. Darüber hinaus liebe ich die Tatsache, dass selbst kleinste Details über die Reihe hinweg Wirkung entfalten und relevant werden. Nicht umsonst konnten Fans jahrelang vor Veröffentlichung von Band 7 Theorien aufstellen und Fanfictions entwickeln, die den Plot fortgeführt haben. Die Hinweise und Plottwists sind außergewöhnlich und als Autorin nehme ich mir diese Detailverliebtheit und diesen stimmigen Plot als Vorbild.
2. Die Welt
Ein weiterer Aspekt, der die Harry Potter-Bücher so anziehend macht, ist die magische Welt mit ihren unendlich vielen Details. Jeder Aspekt dieser Welt fühlt sich real an, hat eine Begründung, ist historisch gewachsen und so reich an Kultur und Natur, dass man immer neue Bereiche entdecken kann, die einen interessieren – und man hat das Gefühl, man brauche nur am 1. September in King’s Cross in den Hogwarts-Express steigen und sei in der Lage, diese Welt zu erfahren. Der Ausspruch „Wo bleibt mein Hogwartsbrief?“ ist nahezu symptomatisch für das Bedürfnis, diese Welt selbst zu erkunden. Wenn eine Welt so anziehend ist, dass sie sich von den Buchseiten in die Realität schleicht, kann man diesem Buch nur Komplimente aussprechen, oder?
Ich habe lange mit mir gerungen, welchen Aspekt ich als drittes hervorhebe: die komplexen, vielschichtigen Figuren oder die Sprache? Für beides gibt es gute Argumente. Aber ich glaube, über die Figuren wurde schon sehr, sehr viel geschrieben. An den Figuren hängt auch viel Kritik, die ich gerne gesondert aufgreifen möchte. Was macht Snape als Antihelden aus? Wie ist Dumbledore und das Queerbaiting, das mit seiner Figur getrieben wird, zu bewerten? Allein mit diesen beiden Figuren könnte ich ganze Aufsätze füllen. Daher möchte ich mich jetzt etwas Anderem widmen.
3. Die Sprache
Die Sprache in den Harry Potter-Bänden ist besonders in den englischen Bänden eine Freude. Sie ist hinreichend komplex, um jungen Leser_innen dabei zu helfen, mehrschichtige Sätze zu entwickeln und Wörter zu verwenden, die über den Alltagsgebrauch hinausgehen. Darüber hinaus gelingt es Joanne K. Rowling, Wörter und Ausdrücke zu konzipieren, die ihrer Welt einen gewissen Charme verleiht. Bei Merlin’s dreckigen Unterhosen! Die Sprache in den Büchern spricht die Sinne an und ermöglicht es den Leser_innen, in die Geschichte einzutauchen. Cheryl B. Klein, eine Lektorin und eine damals an Harry Potter arbeitende Assistentin von Arthur Levine, dem amerikanischen Herausgeber, hat in einer Rede 2008 die Besonderheit der Sprache in den Harry Potter-Bänden hervorgehoben. In der Rede erläutert sie verschiedene Strategien Joanne K. Rowlings, die zu Harry Potters Erfolg beigetragen haben. Ihr könnt sie hier nachlesen. Als Autorin hat mir diese Rede definitiv weitergeholfen, vermittelt sie doch verschiedene Herangehensweisen an einem praktischen Beispiel. Habe ich bereits erwähnt, dass ich Schreibratgeber liebe?
Bei all diesen Komplimenten sind die Harry Potter-Bände natürlich nicht perfekt. Es gibt durchaus Aspekte, die ich sehr, sehr kritisch sehe. Als Stichworte seien hier nur das Queerbaiting, der Umgang mit Transsexualität und die Repräsentation von Minderheiten, insbesondere People of Color, genannt. Ja, es kommt manches vor. Aber bei weitem nicht genug.
Ich hoffe, ich konnte euch durch diese abgewandelte Rezension ein wenig meiner Liebe zu Harry Potter vermitteln und erläutern, warum ich trotz all der Kritik ein Harry Potter Fangirl bin und bleibe.
Das war es zunächst von mir. War ja auch vorerst genug, oder? Falls nicht, frag mich!
Wie fandest du die Bücher? Haben sie dir gefallen?
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